Jamaika kommt nicht so recht in Gang – wen wundert es? Denn sieht man einmal von der FDP ab, ist es ein Verliererbündnis, das durch nichts anderes zusammengehalten wird, als den Willen zur Macht. Die überaus verständliche Abneigung der SPD gegen eine ihre Substanz aufsaugende Große Koalition, hat eine Situation geschaffen, in der scheinbar nichts anderes übrig bleibt als Jamaika. Dass es sich dabei um eine Quadratur des Kreises handelt, zeigen bereits die Konflikte der Koalitionsverhandlungen, bei denen jede scheinbare Einigung durch unterschiedliche Lesarten wieder aufgehoben wird. Ganz im Gegensatz dazu nimmt die Akzeptanz von Jamaika in den Umfragen zu. Die Leute wollen endlich eine Regierung. Claus Leggewie bemüht sogar den Staatsnotstand,[1] um Jamaika alternativlos zu finden. Als gebe es nicht die viel bessere, weil demokratischere Lösung durch die Bildung einer Minderheitsregierung.
Noch fataler als das Schönreden der antagonistischen Jamaika-Koalition ist freilich der Grabgesang auf das rot-rot-grüne Projekt. Wer sich darauf einlässt, bestätigt lediglich das Wunschdenken der konservativen Mitte, die inständig hofft, mit der Integration der Grünen auf Dauer das bürgerliche Lager zu festigen. Die Rechnung kann, muss aber nicht aufgehen, wenn das rot-rot-grüne Projekt vom Kopf auf die Füße gestellt wird. Wen es sich nicht mehr auf die Eroberung von Regierungen konzentriert, sondern zunächst einmal um die Eroberung der Meinungsführerschaft im Alltag kämpft.
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[1] Claus Leggewie, Adios Rot-Rot-Grün?, Blätter für deutsche und internationale Politik 11/17