Bericht vom Rhetorikseminar 05-2013

Sei vorsichtig, was du dir wünschst oder du wirst, genau wie ich, am Ende dastehen, vor all diesen Menschen, und eben jenes erhalten.

Ich habe wenig Zeit und umso mehr überlege ich, für was ich diese noch aufbringen kann. Sprecher*innen-Rat? Stadtverordnetenversammlung? Kind? Lieblingsmensch? Arbeit? Mich? Und so habe ich mich entschieden, etwas zu tun, was mir in vermutlichen allen Bereichen weiterhelfen wird: ein Rhetorikseminar mit und von Petra und Michael.

Warum brauche ich Rhetorik? Ich möchte schnell und unaufwendig Reden schreiben. Ich möchte diese am liebsten frei halten können, mit nur wenigen Stichpunkten. Ich möchte den Umgang mit vielen Themen beherrschen, von denen nicht alle meine ureigensten sind. Und, ich möchte als Stadtverordnete souverän aber bestimmt mit den begrenzt wertvollen Beiträgen der CDU umgehen können.

Gemeinsam mit Petra und Michael begab und den anderen Seminarteilnehmenden begab ich mich also auf eine nicht ganz einfache Reise durch die Rhetorik und die Überwindung eigener Grenzen und Ängste. Begonnen hat alle mit einer Stehgreifrede; sofort und ohne Googeln zu können. Sowohl ich als auch die anderen mussten unsere Ängste und das Herzrasen herunterschlucken, und losreden. Es war interessant, dass wir, bei allen Befürchtungen, alle auch etwas zu sagen hatten. Und Kluges noch dazu. Wer hätte das gedacht. So habe ich bereits in der ersten Stunde nicht nur rhetorisch dazugelernt sondern auch inhaltlich. Dank der Videoanalyse konnten wir genau nachvollziehen, wo wir merkwürdig oder unruhig standen oder wenn wir Argumente schlicht zu oft wiederholt haben.

Durch das ganze Wochenende hindurch haben wir immer wieder zu unterschiedlichsten Themen, teils sehr spontan, reden/sprechen müssen. So übten wir uns in Gesprächen am Infostand (@Michael: ich hoffe, dass du all die Unmengen Infomaterial nach der Übung wieder zurückgegeben hast) oder im Interview oder auch in einer Podiumsdiskussion. Ist euch aufgefallen, dass die FDP sehr stringent schlechte Politik macht und man sich daher halbwegs in so eine Rolle einfinden kann? Aber mal ernsthaft, nachdem ich 15 Minuten versucht habe sozialdemokratisch zu denken, ist meine Nähe zur SPD auch nicht wirklich gewachsen. Die Übung war aber gut. Was würde ich aus einer linken Sicht auf diese Frage antworten? Was würde Bündnis 90 sagen? Was die SPD? Spannend.

Und es gab den Tagesordnungspunkt „Reden auf einer Demo“. Ich weiß nicht, wie viele andere Parteien das im Repertoire haben, bin aber sehr dankbar, dass wir es haben. Immer, wenn wir die Möglichkeit haben, als Linke sprechen zu dürfen, müssen wir das wahrnehmen. Und uns noch ganz anderen Ängsten und einem anderem Publikum stellen. Wie nehme ich die Leute mit? Lieber kurz und knackig oder doch ein Soziologie-Referat? Wie ist meine Stimme? Habe ich Höhen und Tiefen? Hört mensch mir gerne zu? Reiße ich mit?

Wem all das nicht genug an Herausforderungen ist, der kann das wie ich, direkt ansprechen und wird mit einer speziellen Einzelübung belohnt: einer weiteren Stehgreifrede und zahllosen Unterbrechungen. Da gab es Hustenanfälle, dumme Fragen, Besteckgeklapper. Und dann beim Reden nicht den Faden verlieren. Danke für diese Sonderlocke und die besondere Herausforderung.

Für all die wenige Zeit, die ich habe, hat mir dieses Seminar so viel gegeben, für das ich sehr dankbar bin. Ich habe neue Genoss*innen kennengelernt. Ich habe linke Argumente zu vielen Themen gehört, mit denen ich mich nicht vorrangig beschäftige. Allein deshalb kann ich als Direktkandidat*in jetzt sicherer durchstarten. Ich habe gelernt, dass ich bereits einiges kann, dass ich mich nicht verstecken muss und das meine Schwächen beherrschbar sind.